Für werdende Mütter gibt es keinen schöneren Gedanken, als ihr Kind endlich in den Armen zu halten, aber viele haben große Angst vor der Geburt und den Schmerzen. Die neuen Methoden HypnoBirthing und FlowBirthing liegen im Trend – und versprechen eine schmerzfreie Geburt. Wir haben mit Anabel Galster (Pränatalpsychologin und Heilpraktikerin für Psychotherapie) darüber gesprochen, ob eine Geburt ohne Schmerzen überhaupt möglich ist.
Anabel, ist es wirklich möglich, ohne Medikamente schmerzfrei zu gebären?
Es gibt Kulturen, in denen die schmerzfreie Geburt ganz natürlich ist, und auch hier gibt es zahlreiche Beispiele von solchen Geburten. Ich persönlich finde es wichtiger, eine schöne Geburtserfahrung zu haben, was auch mit (vielleicht schmerzhaften) Empfindungen zusammenhängen kann. Wichtig ist es vor allem, mit diesen Empfindungen umgehen zu können, also die „Welle zu reiten“ und nicht „von ihr umgehauen“ zu werden. Ich bin selbst FlowBirthing-Mentorin und HypnoBirthing-Kursleiterin. Die Kurse haben eines gemeinsam, nämlich, dass sie die Frau ganzheitlich auf die Geburt vorbereiten. Viele Frauen erleben eine unschöne erste Geburt und sagen „so nicht nochmal“. Sie suchen sich dann nach unserer erfolgreichen Zusammenarbeit zur Aufarbeitung der ersten Geburt eine alternative Möglichkeit für die Vorbereitung auf die zweite Geburt.
Was bedeutet HypnoBirthing überhaupt?
HypnoBirthing ist eine Geburtsvorbereitungsmethode, die mithilfe von verschiedenen Entspannungs- und Atemtechniken den Weg für eine angenehme Geburt bereiten soll. Für das Baby ist es am besten, in einer angenehmen, ruhigen und freudvollen Atmosphäre auf die Welt zu kommen. Bereitet die Mutter sich geistig, mental und körperlich auf die Geburt vor, so kann sie ihr Baby leicht und angenehm gebären. In diesem Programm werden Tiefenentspannung und Aufklärung vermittelt, die eine Frau befähigt, sich auf ihre natürlichen Instinkte zurückzubesinnen und somit eine sichere und leichte Geburt zu ermöglichen.
Reicht da nicht ein herkömmlicher Geburtsvorbereitungskurs aus?
Zum einen ist es ein Kurs (4-5 Termine), der die Frau UND ihren Geburtsbegleiter mental auf dieses außergewöhnliche Ereignis vorbereitet und für die Geburt stärkt. Die mentale Vorbereitung auf eine Geburt wird oft vernachlässigt und stattdessen werden medizinische oder körperliche Aspekte in den Vordergrund gestellt. Natürlich sind sie als Grundlage wichtig, doch das mentale „Training“ ist ein Hauptbestandteil für eine leichte und schöne Geburtserfahrung.
Es ist etwas, das erfolgreiche Menschen und Sportprofis schon lange wissen und praktizieren: Um sein Ziel zu erreichen, muss auch der Geist glauben, es schaffen zu können! Der Läufer visualisiert immer wieder, wie er als Erster durch das Ziel läuft, mit all den tollen Gefühlen, die ihn dann durchströmen. Das bringt ihn seinem Ziel näher, da unser Gehirn nicht zwischen Realität und Vorstellung unterscheidet. Die körperliche Reaktion und Hormonausschüttung ist die gleiche. Diese Visualisierungsarbeit lässt sich wunderbar zur Geburtsvorbereitung nutzen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass in diesem Kurs die Ängste der Frau in der Tiefe bearbeitet werden, damit sie einen guten Umgang damit findet. Denn Angst führt zu Verkrampfung und Schmerzen.
Warum machst Du das als Psychologin?
Ich habe mich auf die Pränatalpsychologie spezialisiert, also die Zeit der Schwangerschaft. In all meinen Kursen geht es vertieft um die Bindungsarbeit zwischen Mutter und Kind von Anfang an. Das ist eine psychologisch-präventive Arbeit. Wenn Mutter und Kind in einem guten Kontakt sind, erleichtert das die Geburt und führt zu einer sicheren Bindung des Babys. Das ist das Fundament für sein weiteres Leben! So kann es gestärkt wachsen und sich entwickeln. Eventuelle Geburtstraumata können leichter verarbeitet werden und treten so auch seltener auf. In meiner Praxis habe ich schon oft Frauen erlebt, die mit ihrer Geburtserfahrung nicht abschließen konnten. Dieses Ereignis hat die Liebe und die Bindung zu ihrem Kind nachhaltig gestört. Es ist eine wundervolle Erfahrung, die Frau dann wieder raus aus dem Schmerz hin zur Freude auf ihrem Heilungsweg begleiten zu dürfen.
ÜBER DIE AUTORIN
Anabel Galster (Psychologin MSc.; Heilpraktikerin für Psychotherapie) hat gemeinsam mit ihrem Mann Swen das Online-Unternehmen nestkinder® für Familienberatung ins Leben gerufen. Sie führen eine Privatpraxis für frühe Bindung und Geburtstrauma. Als Eltern von drei Kindern haben sie früh das Thema Bindung als ihr Herzensthema entdeckt. Online und offline auf der heimischen Mühle coacht Anabel Familien nach traumatischen und schwierigen Geburten, bei Kinderwunsch und Schwangerschaft. Außerdem begleitet Anabel als Doula Frauen bei ihrer selbstbestimmten Geburt.
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