• Zurück

Hebammen-Interview: Kaiserschnittgeburten

Experteninterview mit Sabrina Osterhage, ausgebildeter Hebamme aus Düsseldorf
 
Die Hebamme Sabrina Osterhage, 30 Jahre, aus Düsseldorf arbeitet in einer Praxis in Neuss. Dort begleiten die Hebammen die werdenden Mütter durch die Schwangerschaft und stehen beratend zur Seite. Nach der Geburt werden die Familien zu Hause in der Nachsorge ganzheitlich betreut.
 
Frau Osterhage, gut ein Drittel der Kinder kommen heutzutage per Kaiserschnitt auf die Welt. Wie kommt es, dass dieser Eingriff die natürliche Geburt immer weiter verdrängt? 
Sabrina Osterhage: Dafür gibt es mehrere Gründe, einer davon ist vor allem die Zeitfrage, da immer weniger Personal zur Verfügung steht. Eine Geburt per Kaiserschnitt ist einfach planbarer. Anstatt wie bei einer natürlichen Geburt stundenlang zu warten, lässt sich der Zeitpunkt viel genauer und enger festlegen. Darüber hinaus nimmt die Wunsch-Sectio, also der Wunsch-Kaiserschnitt, immer mehr zu, da manche Frauen Angst vor den Geburtsschmerzen und –verletzungen oder möglichen Komplikationen haben. Unter Umständen haben Mütter die erste Geburt auch als traumatisch erlebt und möchten eine zweite nicht erneut so erfahren. Heutzutage sind die Möglichkeiten sich zu informieren einfach viel größer, somit auch die Wahrscheinlichkeit auf Beispiele zu treffen, was bei einer natürlichen Geburt alles passieren kann. Die dabei entstehenden Sorgen führen auch oft dazu sich für einen Kaiserschnitt zu entscheiden. Ein weiterer Punkt ist, dass die Ärzte immer früher eine Sectio machen, also während des Geburtsvorgangs nicht so lange abwarten, um eine mögliches schlechtes „neonatales Outcome“ zu vermeiden. Dies kann z.B. bei  akuter Sauerstoff-Mangelversorgung des Kindes passieren. 
 
Was sind die Vorteile eines Kaiserschnitts und wie bereiten sich werdende Mütter auf eine solche Geburt am besten vor?
Sabrina Osterhage: Ich persönlich sehe bei einem Kaiserschnitt insgesamt nicht so viele Vorteile. Aber es ist natürlich gut und sinnvoll, dass es diese Möglichkeit gibt, wenn wirklich Komplikationen bei Mutter oder Kind festgestellt werden. Wenn z.B. ein pathologisches CTG – also eine kindliche Notsituation – vorliegt, das Kind während der Geburt großem Stress ausgesetzt ist, ein Geburtsstillstand eintritt oder ähnliches. Ein verkürztes Wochenbett kann man nach einem Kaiserschnitt pauschal nicht feststellen, da es sich von Frau zu Frau unterschiedlich verhält. Das liegt u.a. auch daran, dass die Rückbildung nach einem Kaiserschnitt nicht so schnell wie nach einer Spontangeburt verläuft. In den Geburtsvorbereitungskursen wird den werdenden Müttern und Eltern detailliert der Ablauf der Geburt und auch der Sectio erläutert sowie auch die damit verbundenen Begleitumstände: Was passiert während des Kaiserschnitts? Welche Technik wird dabei angewendet und welche Hautschichten durchtrennt? Was ist anschließend bei der Nahtpflege zu beachten und worauf müssen sich die Mütter und Väter einstellen? Sozusagen ein Gesamtüberblick, was in den kommenden Wochen und Monaten auf sie zukommt. Im Hinblick auf die Inhalte und Aufklärung gibt es schon einige Unterschiede, ob sich nun für einen Kaiserschnitt oder für eine natürliche Geburt entschieden wird. Beim Kaiserschnitt spielen Punkte wie spezielle Tees, homöopathische Mittel oder geburtsvorbereitende Akupunktur keine Rolle, da diese auf den Muttermund und Gebärmutterhals wirken und eine natürliche Geburt verkürzen und erleichtern können. Des Weiteren wird auch im Krankenhaus über die Operation aufgeklärt, über die Narkose und den genauen Ablauf. Weiß man bereits vorher, dass die Frau einen Kaiserschnitt bekommt, wird auch beim Gynäkologen das Vorgehen umfassend besprochen und darüber aufgeklärt, was vor, während und nach dem Kaiserschnitt geschieht. 
 
Was sind die häufigsten Fragen und Sorgen von Kaiserschnittmüttern, die Ihnen bei Ihrer Arbeit begegnen?
Sabrina Osterhage: Am häufigsten wird gefragt wie ein Kaiserschnitt verläuft und wie lange die Mutter im Anschluss im Krankenhaus bleiben muss. Ebenso, ob der Krankenhausaufenthalt länger nach einem Kaiserschnitt oder nach einer Spontangeburt ausfällt. Auch Schmerzen sind immer ein großes Thema, da es sich um eine Bauch-OP handelt. Weitere Fragen beziehen sich auf die Nahtheilung danach und was bei der Narbenbehandlung zu beachten ist. Eine besondere Frage, die auch häufig gestellt wird, ist wie es mit der Bindung zum Kind nach der Geburt aussieht. Da der Säugling nicht den Weg durch den Geburtskanal durchlebt, haben viele Frauen die Sorge, dass die Bindung nicht so innig ist wie nach einer Spontangeburt. Es wird aber in den meisten Krankenhäusern verstärkt darauf geachtet, dass das Baby nach der OP direkt auf die Brust der Mutter, wahlweise auch des Vaters gelegt wird um das sogenannte Bonding zu ermöglichen. Auch der Zeitpunkt, wann der Kaiserschnitt durchgeführt wird, spielt eine wichtige Rolle. Auf natürlichem Wege bestimmt das Kind bzw. der Körper der Frau selbst wann es losgeht. Wird der Eingriff noch vor dem Blasensprung oder den Wehen von außen initiiert, ist es für das Kind vielleicht noch zu früh und es ist noch gar nicht so weit. Das ist schon ein Unterschied.
 
Nach der Operation und dem Klinikaufenthalt beobachten Sie als Hebamme während der Wochenbett-Betreuung den Gesundheitszustand der Mutter sowie auch die Wundheilung der Naht. Was empfehlen Sie Müttern im Hinblick auf die Pflege der Wundnaht und die optimale Behandlung der Operationsnarbe?
Sabrina Osterhage: Am Anfang sollte man die Sectio-Naht genau beobachten. Das erfolgt zum einen durch die Mütter selbst und durch uns Hebammen. Wir kontrollieren wie die Wundheilung verläuft, ob vielleicht Auffälligkeiten wie Schwellungen, Verhärtungen oder offene Stellen zu finden sind. Das wird genau geprüft und bei Feststellung dementsprechend behandelt. Ansonsten empfehle ich auch viel Luft an die Naht zu lassen, damit sie nicht die ganze Zeit unter der Kleidung isoliert ist. Trockenheit ist auch wichtig, da manche Frauen nach der Geburt eine Art Hautlappen über der Naht haben, sollte dieser Bereich stets trocken und sauber gehalten werden, um wunden Stellen vorzubeugen. Zusätzlich sollten keine einschneidenden Hosen getragen werden, die mit engen Bündchen Druck auf die Naht ausüben. Nach zwei bis drei Wochen sollte mit der Narbenpflege begonnen werden, beispielsweise mit Massagen, um die Durchblutung zu fördern. Das unterstützt den Heilungsprozess und hilft das manchmal wulstige Narbengewebe besser zu durchbluten, damit es sich zurückbilden kann. Zudem gibt es auch verschiedene Narbengele, die aufgetragen werden können, um die Narbenheilung zu fördern und dadurch ein schönes Narbenbild zu erhalten. Silikongele eignen sich hierfür besonders, da sie sehr gut verträglich sind und die Haut nicht penetrieren. Sie sind somit ideal zur Anwendung während der Stillzeit.Wir haben gute Erfahrungen mit KELO-COTE gemacht. Insbesondere bei der Behandlung von wulstigen Narben zeigt sich, dass sie durch das Gel flacher und glatter werden. Zudem werden Rötungen und Juckreiz dadurch spürbar gemildert. 
 
Inwiefern kann die Kaiserschnittnarbe die Mutter einschränken? Was darf sie nach der Geburt machen und was sollte unbedingt vermieden werden? Darf sie beispielsweise ihr Kind kurz nach Wundschluss schon auf dem Arm halten?
Sabrina Osterhage: Ein Kaiserschnitt kann unter Umständen natürlich schon sehr einschränken, da es eine Bauch-OP ist. Das ist jedoch individuell von Frau zu Frau unterschiedlich. Damit einhergehend treten meist Schmerzen und motorische Einschränkungen auf, die sich z. B. darin zeigen, dass Frauen bestimmte Bewegungen nicht mehr so gut vertragen und aus dem Liegen deutlich schwerer hoch kommen. Wichtig ist anfangs keinen Sport zu machen: Mit der Rückbildungsgymnastik sollte erst nach ungefähr acht Wochen begonnen werden – und das zunächst auch nur langsam. Schweres Heben ist selbstverständlich zu vermeiden, aber natürlich dürfen Mütter ihr Baby auf den Arm nehmen. Sie sollten dabei einfach auf ihren Körper hören und fühlen, ob bei bestimmten Bewegungen Schmerzen auftreten. Generell ist es wichtig dem Körper nach der Geburt viel Ruhe zu gönnen, das unterstützt auch die Wundheilung.
 
Was können Mütter selbst in der Nachsorge ihrer Narbe machen, sobald sie zuhause sind, um ein schönes Narbenbild zu erhalten?
Sabrina Osterhage: Mit der Narbenpflege sollte in jedem Fall frühzeitig begonnen werden – also in der Regel nach ca. zwei bis drei Wochen, weil dann die Wundheilung abgeschlossen ist. Sind nach dieser Zeit allerdings oberflächlich noch Krusten zu sehen oder gar offene Stellen  an der Wundnaht, dann natürlich noch nicht. Sobald die Narbe geschlossen und frei von Wundschorf ist, empfiehlt sich eine zweimalige Anwendung pro Tag mit Silikonnarbengel oder Narbencremes – das sollte mindestens fr zwei bis drei Monate beibehalten werden. Außerdem ist es wichtig die Narbe stets sauber zu halten. Vor Sonneneinstrahlung muss die Narbe ebenfalls geschützt werden, da das Narbengewebe sehr empfindlich ist und sich in der Sonne leicht dunkel verfärbt.
 
Können Sie aufgrund Ihrer beruflichen Erfahrungen berichten wie sich eine Sectio-Narbe entwickelt, wenn sie ein weiteres Mal aufgeschnitten wird?
Sabrina Osterhage: Das ist sehr unterschiedlich: Bei Mehrgebärenden, die das zweite oder dritte Kind per Kaiserschnitt bekommen, bemerkt man manchmal schon eine verzögerte Wundheilung. Kommt es dabei auch noch zu Infektionen, Komplikationen oder Entzündungen, dann ist die Naht danach häufig recht wulstig. Bei einer erneuten Öffnung der Narbe wird zudem das alte Narbengewebe entfernt, was die anschließende Heilungsdauer verlängert. Persönlich empfehle ich daher die natürliche Geburt. Sie ist zwar mit Schmerzen und körperlicher sowie psychischer Anstrengung verbunden, aber die Frauen sind danach einfach fitter, als diejenigen, die einen Kaiserschnitt hatten. Der Eingriff ist nun einmal eine große Operation und bedeutet für den Körper eine längere Heilungsphase. Dennoch ist der Kaiserschnitt in manchen Situationen absolut sinnvoll, um bei Komplikationen Mutter und Kind nicht zu gefährden. Denn die Gesundheit von Mutter und Kind stehen natürlich im Vordergrund!